3. April 2012

Elsass: die „Judensau“ in Colmar

Wer an gotischen Kirchen hochschaut, dem glotzen nicht selten grässliche Drachen und Fratzen entgegen. Oder man schaut einer Steinfigur direkt ans Füdli, wie zum Beispiel am Freiburger Münster.

Am Martinsmünster in Colmar ist etwas ganz seltenes zu sehen; eine  „Judensau“. Genaugenommen sogar zwei; eine rechts am Portal und eine als Ausspeier an der Südwand des Chores. Beide Hohnskulpturen stammen aus dem Hochmittelalter. Sie zeigen einen Juden der an einer Sau säugt. Und einen, der einem Eber den Arsch leckt.

Diese "Judensau"-Skulpturen sind Ausdruck einer damals in der Gesellschaft weit verbreiteten Judenfeindlichkeit. Martin Luther hat über die "Judensau" an der Stadtkirche in Wittenberg gesagt: Die Juden würden ihren Glauben aus dem Hintern einer Sau heraus lesen...

Solche Spottfiguren an Kirchen sind europaweit verbreitet. Hier ein besonders obszönes Beispiel aus Rouffach.
Heutzutage ist uns die genaue Bedeutung meist unbekannt; die Figuren wirken bloss noch bizarr und seltsam. Damals wussten die Leute aber sehr genau, wer oder was damit gemeint ist.

8 Kommentare:

  1. ...da muss ich ja mal genau hinschauen, wenn ich nächstens durch's Elsass Richtung Nord-Pas-de-Calais fahre!
    Merci für die Weiterbildung und
    Liebe Grüsse
    Urs

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  2. Hoi Urs - und was machst du da oben in Nord-Pas-de-Calais? Ferien?
    liebe Grüsse vom Muger

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  3. war das wochenende in freiburg und habe mich köstlich ob dem arsch amysiert... gruss L

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  4. Hallo Muger
    Ja - wir wollen über das Elsass, Nord-Pas-de-Calais und die Normandie in die Bretagne und dann durch's Loire-Tal zurück. In Bergues wollen wir uns natürlich das Glockenspiel anschauen und vielleicht auch die Post besuchen ;-)
    In der Normandie interessieren uns die geschichtlichen und landschaftlich-geologischen Aspekte und in ganz Frankreich das Essen. Die Loire-Schlösser wollte ich schon seit langer Zeit einmal sehen.
    Gespannt sind wir natürlich auch, ob's an der Départements-Grenze zu Nord-Pas-de-Calais auch zu regnen anfängt. Zur Sicherheit müssen wir wohl auch die Daunenjacke und die Fellmütze einpacken ;-)
    Liebe Grüsse
    Urs
    PS: Nun - Ferien sind's ja eigentlich nicht - als Frühpensionierte hat man deren nicht mehr.

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  5. Dass die Kirchen davon absehen, solche durchaus als rassistisch ansehbare Elemente zu entfernen, spricht auch für sich, find' ich.

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    1. Hoi Paddy
      Viele der Hohnfiguren wurden ja entfernt. Ich finde es aber gut, wenn die verbliebenen erhalten bleiben. Einfach wegmachen, weil einem die eigene Geschichte peinlich ist, finde zu einfach.
      Die Judensäue sollen bleiben und weiterhin an unsere beschämende Vergangenheit er innern.
      liebe Grüsse vom Muger

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  6. Ich muss sagen, dass ich auch gegen eine Entfernung bin. Zum einen sind sie kunsthistorisch sehr interessant, zum anderen machen sie einfach Spass. Irgend wie sind sie doch mit den heutigen Comics verwandt. Schade ist nur, dass oft die entsprechenden Aufzeichnungen zu den "Hintergründen" fehlen, so dass die Figuren auf das "Sichtbare" reduziert werden. Das selbe ist ja auch mit unserer Sprache der Fall. Da gibt es z.B.: "Dort geht es zu wie in einer Juden-Schule". Sind Juden besonders laut, oder was?

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  7. Die Altvorderen wußten über die Juden Bescheid.

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