5. April 2013

Berlin: Mädchen wie Welpen

Berlin ist gross. Die Häuser, die Strassen, die Baustellen - alles ist riesig. Ich bin mächtig beeindruckt.

Von meinem Hotelbett aus, sehe ich gleich gegenüber den Hauptbahnhof. In der Glashalle fahren Fernzüge und S-Bahnzüge. Und ich sehe Leute, die auf welche warten.
Mit meinem Hotelzimmer gibt es aber leider ein kleines Problem, ich muss morgen raus. Also sollte ich mich wohl um eine neue Bleibe suchen. Durch einen glücklichen Zufall finde ich ein preiswertes Hotel am Bahnhof „Warschauer Strasse“.

Den ganzen Tag waren wir unterwegs. Zuerst Kultur, dann Shopping mit meinem Göttimeitli. Sie ist sechzehn und eigentlich eine ganz liebe. Heute aber litt sie unter Quengelei und Misstimmungen. Sie hat kein Geld; und das scheint irgendwie ihr Shoppingvergnügen zu beeinträchtigen?
Immer wenn sie etwas Kaufbares entdeckt hat, schaut sie wie ein Hundewelpe. So mit grossen Augen und einem treuherzigen, glückseligen Blick. Nur schanzwedeln tut sie nicht. Je nach meiner Reaktion ändert sich ihr Blick schlagartig. Giftig und voller Abscheu.
Vermutlich sind das hormonell bedingte Stimmungsschwankungen – aber wer versteht schon die jungen Mädchen.

4. April 2013

Berlin: wo ist die Bombe?

Berlin. Heute will ich auf den Fernsehturm. Die Warteschlange davor ist aber wesentlich länger als meine Geduld. Dann erfahre ich von der Fliegerbombe am Hauptbahnhof. Toll, die will ich mir anschauen. Und der Filip, der kleine Bruder vom Göttimeitli, auch.

Also fahren wir zum Hauptbahnhof. Hier ist es wie immer. Viele Leute und viele Züge; aber keine Bombe. Nichts. Ich frage einen Bauarbeiter nach der Bombe. Er weiss nichts von einer Bombe. Und er sei sowieso nicht von hier.
Am Wurststand erklären uns dann drei orange Bauarbeiter den Bombenfundort. Die liege fast 1,5 Kilometer hier in einer Baugrube! Gut, da gehen wir hin.
Schon nach wenigen Metern treffen wir auf ein Polizeiauto. Es steht quer auf der Strasse blaulichtet. Wir grüssen präventiv die Insassen und gehen gschwind weiter. Bald steht schon wieder ein Polizeiauto quer auf der Strasse; diesmal zusätzlich mit rotweissen Bändern geschmückt. Ich frage den Beamten nach der Bombe und wo wir die sehen können. Er gibt uns einige sachdienliche Hinweise. Und in wenigen Minuten beginne die Entschärfung. Dann erzählt er noch von seinen Eltern und dem Krieg. Keine Zeit, wir müssen weiter.
Wenig los hier, die Strassen sind menschenleer. Wir marschieren in die angegebene Richtung. In der Ferne sehen wir die Baustelle und den Lastwagen der Bomben-Entschärfer. Wir müssen noch näher heran, sonst verpassen wir den Höhepunkt.

Leider versperrt uns kurz vor dem Ziel erneut ein Polizeiauto den Weg. Diesmal ist es ein grüner Bus voller Uniformierter. Erst zeigen sie verhältnismässig wenig Freude an unserem Besuch. Ich spüre sogar eine gewisse Feindseligkeit. Es entsteht dann aber doch noch eine nette Plauderei. Sie erzählen stolz von ihrem „vierhundert-Meter-Sperrgebiet“ und der Evakuierung, und so. Ich äussere meine Bewunderung über ihr Tun, aber wir möchten jetzt lieber die Bombe sehen. Sie wollen nicht. Sie beharren stur auf ihrem Konzept und wollen uns ums Verrecken nicht näher heran lassen. Dann halt nicht.
Sollte ich mal eine Bombe finden, zeige ich die auch keinem.

3. April 2013

Berlin: Ham wa nich

Milder Frühlingstage. Die Bäume tragen zartes Laub und ich sitze in einem Strassencafé und blinzle in die Sonne. Genau so stellte ich mir Berlin vor. „Ham wa nich“ sagt ein Eingeborener! Es ist trüb und sibirisch kalt. Ein Pullover täte gut. Ham wa nich.

Gegen Mittag treffe ich mich mit meinem Göttimeitli, das zurzeit auch in Berlin ist. Wir streifen durch die Stadt und schauen uns dies und das an. Die kalten Ohren treiben uns immer wieder in die Fänge der Gastronomie.

Am Abend wird es dunkel und die Wolken gehen weg. Mir ist kalt. Ich gehe heim und ich weiss nicht was schreiben.

2. April 2013

Berlin: dänkiuu Doitsche Bahn

Seit bald 125 Jahren gibt es ein Bahngleis von Giswil nach Berlin. Also will ich das mal ausprobieren und dahin fahren. Für 39 Euro habe ich mir im Internet ein Billet besorgt.
Stockdunkle Nacht und eiskalter Regen. Um acht Uhr bin ich bereits in Basel und steige in den ICE um. Gestern Abend habe ich extra noch gschwind einen Sitzplatz reserviert; Wagen 3, Platz 22. Jetzt bin ich der einzige Fahrgast im Wagen. Wir fahren nach „Böörlin“ quäckt der Lautsprecher mehrsprachig. Gut, da will ich auch hin.

Vor dem Fenster zieht viel Landschaft vorbei. Flach und neblig. Um zehn kommt die Sonne und dann Karlsruhe. Beides ist aber schnell vorbei. Neben mich setzt sich eine Lufthansa-Tante. Sie hat ein rosa Telefon und duftet nach Gummibärli. In Mannheim verlässt sie mich, dafür kommt nun wieder die Sonne. Dann kurz nach elf treffen wir auf Frankfurt. Im Abteil gegenüber ist man erstaunt darüber, dass wir rückwärts weiterfahren; das ist aber bei einem Kopfbahnhof nicht unüblich.
Um halb zwei halten wir in Göttingen. Nun haben wir plötzlich eine halbe Stunde Verspätung! Wieso - ich bin doch bloss kurz eingenickt!
Um vier Uhr bin ich am Ziel; Berlin HB. „Dänkiuu for träveling wiss doitsche Bahn“ ruft mir der Lautsprecher hinter her. Es ist arschkalt und der Wind treibt feine Schneeflocken über den Bahnhofplatz.

1. April 2013

die Lampe in der Tasche

Während meiner letzten Marokkoreise vermisste ich meine Taschenlampe. Sie war weg. Spurlos und unauffindbar. Ich war mir ganzganz sicher, sie eingepackt zu habe, aber sie blieb verschwunden! Von meiner Reisetasche verschluckt, dachte ich damals.
Gestern musste ich für meine nächste Reise packen. Die Marokko-Tasche war noch halbvoll mit ungebrauchter Wäsche und so. Und was glaubt ihr, was finde ich ganz tief unten? Ich meine, ausser sauberen Unterhosen und einer Herde Fuseln.
Genau – meine längst aufgegebene Taschenlampe. Ganz friedlich döste sie zwischen den Socken.
.