5. Mai 2013

mundartig

Neulich sagte einer zu mir: «Friäner isch är sonä Spränzel gsi – etz ä gherigä Schlari». Hat mir gefallen, der Mundart-Satz. Das ist Poesie, und genau so reden die Leute um mich herum.

Hier mein Versuch einer Übersetzung: "Früher war er so ein Winzling – jetzt ein richtig strammer Bursche". Ein Schlacks, odr so.
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4. Mai 2013

Krankigkeit und Siechtum

krank
ich bin krank
krrraaank!
krachender Husten
Schnudder, Schleim, Säfte
schmierige Auswurfschnecken
seifigglitschig denoch geschmacklos
furchtbare Gliederschmerzen, alles ausser selbiges
unmenschlich
Siechtum
schlimm schlimmschlimm
muss ich dereinst sterben?
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3. Mai 2013

wir verrückten Hunde

Behinderten-Taxi. Heute habe ich wieder den ganzen Tag meine Behinderten herumkutschiert. Frühlingswetter. Landauf landab roch es nach Gülle, nur bei der Birchermüesli-Fabrik in Sachseln ganz fein nach Kuchen.
Meine Fahrgäste waren den Umständen entsprechend nett, so wie meistens. Lukas präsentiert uns seine Ambulanz-Sirenen-Imitationen aus seinem Spanienurlaub. Taatüüü – jiiiep-jiiiep, piuuupiuuu-piuuu. Wir andern waren nicht unglücklich, als wir unser Fahrziel erreichten. Im Schulheim herscht am Morgen immer reger Andrang. Eine stattliche Anzahl Busse kalben ihre Passagiere. Päda- und allerhand andere –gogen schnappen sich dann ihre Schützlinge und sie zu beschulen.

Am Mittag sind wir bloss zu fünft. Wir tragen schwarze Mützen und machen einen auf Gangster. Jou Määän. Aber die anderen lächelten bloss milde. Ich glaube, die hielten uns für verrückt.
Diese Behinderten-Taxi-Fahrerei gefällt mir deshalb so gut, weil ich nie am Feierabend unerledigte Arbeit mit nachhause nehmen muss. Anderseits gibt es aber auch so gar kein Trinkgeld.

In den Wartezeit lese ich "Hundskrüppel - Lehrjahre eines Übeltäters" vom Gerhard Polt. Schöne, kraftvolle Kurzgeschichten.

2. Mai 2013

nein – ich erlaube keine Schafe im Taxi

Diese Woche fahre ich wieder einmal Behinderten-Taxi. Meine Fahrgäste sind alle geistig behindert - mehr oder weniger. Aber im Vergleich zu dem, was einem im Alltag sonst so begegnet, sind sie eigentlich ganz normal.

Meine erste Tour beginnt jeweils morgens um halb sieben. Ich sammle meine Fahrgäste ein. Die wohnen allesamt sehr abgelegen. Stotzige und kurvige, dafür aber schmale Strassen. Heute hat Iwo während der ganzen Fahrt laut gelacht. Worüber weiss keiner, denn sprechen tut er nicht. Jedenfalls nicht mit uns. Der Lukas kann täuschend echt das Signalhorn der Feuerwehr nachmachen. Und mir damit jedesmal einen Schrecken einjagen. Zudem wollte er heute unbedingt eine blühende Hecke in die Schule mitnehmen. Ich habe das nicht erlaubt. Dann wollte er stattdessen ein grasendes Schaf mitnehmen. Nein – morgen. Morgen fährt jemand anderes und wird bestimmt viel Freude mit meinem Versprechen haben.

Nach gut zwei Stunden ist meine Morgentour vorbei. Keiner hat genässt – schon mal ein guter Anfang. Die folgenden Mittags-Rundfahrten verlaufen eher ereignisarm. Liegt vermutlich daran, dass meine Passagiere taubstumm und lahm sind. Hauslieferung mit dem Rolli.
Auf der Abend-Tour kommt "Highway to hell" im Radio. Ich drehe voll auf und wir singen alle mit. Den Text kann keiner - das stört uns aber nicht. Ein Taxi voller Irren.
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1. Mai 2013

der Wohnwagen aus Ägypten

Hinten auf dem Foto steht bloss: «eng. Weekend Auto 1933». Vorn drauf sieht man einen Wohnwagen auf der Hauptstrasse bei mir zuhause; in Giswil. Erst einmal nichts Besonderes! Aber – so grosse Wohnwagen sind in der Schweiz erst seit 1950 erlaubt, davor gab nur winzig kleine Wägelchen.

Beim abgebildeten Wohnwagen handelt es sich, unschwer zu erkennen, um einen „Car Cruiser“ aus Middlesex, London. Fast fünf Meter lang und damals einer der modernsten Wohnwagen überhaupt. Das Zugfahrzeug ist schon etwas schwieriger zu bestimmen: Aber es ist ein „Hillman Wizard 75 Saloon“, kraftvoll und luxuriös. Soweit so gut; aber warum steht das Gespann vor dem Bahnhof Giswil? Ich begann zu suchen – und nun die grosse Überraschung!

Im Januar 1933 starteten im Auftrag der „Hillman Motor Car Co. Ltd“ vier abenteuerlustige Briten zu einer Überlandfahrt nach Ägypten. Die Route führte sie von London nach Marseille, dann weiter von Tunis über Tripolis nach Kairo. Nach genau drei Woche Fahrt waren sie am Ziel und der brandneue Hillman konnte auf der „Cairo Motor Show“ präsentiert werden.
Nach der Messe fuhren die vier Briten wieder zurück nach London, diesmal über Italien und die Alpen. Anscheinend auch über den Brünigpass. Und an jenem Freitag, dem 19. Mai 1933 pausierte das prominente Gespann ausgerechnet bei mir zuhause ...
Man darf wohl behaupten, das war damals der erste Wohnwagen in Giswil, der direkt aus Ägypten kam.