17. Oktober 2014

Marokko: Ouarzazate hat geschlossen

Wadi Draa. Schon frühmorgens ist es warm. Frau G. hat fast vierzig Mückenstiche und der Muezzin ruft intensiver als sonst, denn heute ist Feiertag; Aid al Adha, das islamisches Opferfest. In den Dörfern sind die Leute grad auf dem Heimweg von der Moschee. Alle Männer weiss gewandet, die Frauen in bunten Tüchern und die Mädchen wie kleine Prinzessinnen.

Da und dort hängen schon die ersten Schafe kopfüber an Bäumen und bekommen das Fell abgezogen. Die Familie schaut zu und freut sich auf den Leckerbissen.

Da heute jeder zuhause bei der Familie isst, sind die Strassen leer und alle Geschäfte zu. Alles wie ausgestorben. Nach langem Suchen finden wir ein einziges offenes Café. Wir geniessen einen Milchkaffee – und dann fragt der Chef, ob wir eine Pizza möchten? Da können wir nicht nein sagen.

In einem Oued sehen wir Calatropis, so ein typischer Wüstenbusch aus der Sahara. Wenn man die fleischigen Blätter knickt, tropft milchiger, giftiger Saft heraus.
Später sehe ich noch ein paar junge Kerle mit einem "Land Rover", drauf stand gross geschrieben „Sand Lover“.

Am Abend fahren wir wieder auf den Campingplatz von Ouarzazate. Diesmal ist er gut besucht, eine französische Wohnmobil-Karawane lagert hier.

Dieter und Brunhilde, zwei alte Wüstenfüchse aus Berlin mit ihrem VW T3 Doka Synchro, sind da. Wir sitzen im Schatten und plaudern über früher und die Sahara. Und bekommen eine Wurst geschenkt – nochmals viiielen Dank dafür.

16. Oktober 2014

Marokko: sonnige Aussichten

Nach dem nächtlichen Sturmregen ist es heute wieder strahlend sonnig. Wir frühstücken ausgiebig und erledigen einige Hausarbeiten. Obwohl Frau G. sich vor kleinen Tieren ängstigt, hat sie sich mit der Camping-Katze angefreundet. Sie füttert sie mit Schmelzkäse und nennt sie wegen ihres Schnäuzchens liebevoll „Hitler“.

Gegen Mittag verlassen wir den Campingplatz. Eigentlich wollen wir ins Draa-Tal ausflügeln, aber zuerst fahren wir nach Osten. Unweit von Ouarzazate entsteht zurzeit das weltgrösste Solarkraftwerk. Das müssen wir uns unbedingt ansehen. „Privatstrasse“ informiert uns ein Schild – also weiter. Nach sechs Kilometer kommen wir zur Baustelle.

Am Tor plaudern wir mit dem Wachschutz. Baustellenbesuch, Fotografieren, ja sogar blosse Anwesenheit seien verboten.
Das Baustellengelände ist viele Quadratkilometer gross. Hier sollen in den nächsten Jahren vier solarthermische Kraftwerke entstehen. „Noor 1“ wird nächstes Jahr den Betrieb. Es wird 500‘000 Menschen mit Strom versorgen und weit über 500 Millionen Euro kosten.

Einer der Wächter leiht uns sein Fernglas, damit wir wenigstens von der weitläufigen Baustelle etwas sehen. In der Ferne die ersten installierten Spiegel und der Kraftwerksblock.
Das ganze Areal wird zusätzlich auch vom Militär bewacht, wir sehen überall in der Umgebung Panzer und Radaranlagen stehen.

Am Nachmittag rollen wir über einen Bergpass hinüber ins Valleé du Draa. Schroffe Geröllwüste. Dann mitten im Tal der Draa-Fluss, der auch tatsächlich Wasser führt. An seinen Ufern Gärten und Palmen soweit das Auge reicht. Und immer wieder Lehm-Dörfer.

Vor vielen Millionen Jahren schlurfte hier ein Dinosaurier durch den Morast. Seine schachtdeckelgrossen Füsse beeindrucken uns noch heute.

Nebenan hinterliess ein Dino-Kaninchen-Vieh seine Fussabdrücke, als es über den schlammigen Boden huschte.

Es ist 35 Grad heiss, kaum Leute unterwegs. Wir finden einen wunderschönen Übernachtungsplatz direkt am Flussufer und im Halbschatten einer kümmerlichen Akazie. Am Abend ruft irgendwo ein Muezzin sein Feierabendgebet. Lange sitzen wir draussen und schauen in den Nachthimmel. Wir sehen unzählige Sterne, zwei Flugzeuge und einen angefressenen Mond. Und um 20:10 die Internationale Raumstation ISS.

15. Oktober 2014

Marokko: wer macht gubuuu-gu…

Die Morgensonne blinzelt durch einen Spalt in unseren Möbelwagen hinein – aufstehen. Wie jeden Tag gibt es zum Frühstück Brot, Kaffee, Konfitüre und Schachtelkäse.
Die Strasse durchs grosse Vallée du Dadès ist eigentlich recht langweilig. Aber ab und zu sehen wir im Palmenhain uralte Kasbahs; Adels-Paläste aus Lehm. Kurz vor Skoura wollen wir uns eine solche aus der Nähe ansehen. Die schmale Strasse endet nach einigen Kilometern an einem breiten Bachbett. Der Frau G. ist die kürzlich misslungen Flussüberquerung noch sehr präsent, deshalb ist sie wenig begeistert. Die Durchfahrt ist zwar recht ruppig, aber kein wirkliches Hindernis.

Mitten in den Palmgärten steht die Kasbah Ait Abou. Die Türme ragen hoch hinauf, aber die Tür ist abgeschlossen.
In den Bewässerungskanälen schnäbeln Ibisse und in den Palmen hocken Tauben und rufen immerzu: gubuu-gu gubuu-gu…

In Skoura ist heute Wochenmarkt. Alles ist mit Marktständen zugestellt. Ein wunderbares Gewusel, Geplapper und Geblöcke. Wir schlendern über den Hauptmarkt, schauen dies und das und kaufen Gemüse.

Ein verführerischer Duft lockt uns in ein Zelt. Ein Mann macht hier diese fettgebackenen Teigkringel – „Sfenj“ genannt. Wir setzten uns an den einzigen Tisch und geniessen die Backwaren zusammen mit einem süssen Pfefferminz-Tee.

Etwas ausserhalb von Skoura besuchen wir noch die Kasbah Amerhidil. Die Lehmburg steht direkt am Fluss und ist riesig gross. Und diesmal können wir sie auch von Innen besichtigen. Dicke Lehmwände und ein zentraler Lichthof. Viele Räume mit winzigen Fensterchen. Von der Dachterrasse haben wir einen grandiosen Ausblick auf die Palmgärten und den Fluss.

Die Kasbah Amerhidil ist übrigens auch auf dem 50-Dirham-Geldschein abgebildet. Wir verlassen die Lehmstadt und rollen nach Ouarzazate. Und hier direkt auf den städtischen Campingplatz. Zwischen alten Tamarisken finden wir einen schattigen Platz. Doch kaum sind wir hier, verdunkelt sich der Himmel gelbgrau. Donnergrollen, Windböen und Regentropfen.

Nebenan haust ein junges Pärchen aus Tschechien – ohne Zelt und gescheite Liegematte.

14. Oktober 2014

Marokko: fragwürdige Steine im Dadès-Tal

Die letzten Tage schwächelte eine unserer Batterien immer mehr. Als ich dann heute Morgen hinausblicke, sehe ich gleich gegenüber einen Auto-Ersatzteil-Laden. Also erwerbe ich eine 95 Ah Batterie für 1‘400 Dirham; was etwa 140 Euro entspricht. Jetzt haben wir wieder Strom im Überfluss.

In Boumalne biegen wir ins Dadès-Tal ab. Einige dutzend Kilometer schlängelt sich der Bach durch das enge Tal. Wo immer möglich haben die Leute im Talgrund Gärten angelegt - wie ein grüner Blätter-Wurm.

Nach etwa dreissig Kilometer verengt sich das Tal. Schier senkrechte Felswände. Die Strasse zick-zackt den Steilhang hinauf; dann weitet sich das Tal wieder. Wir brummen noch ein wenig weiter, sehen karge Dörfer und Berge. Irgendwo ist Markttag. Die Käufer verladen grad Schafe in ein Taxi und die Buben fragen uns nach Bonbon.

Direkt am Hinterausgang der Dadès-Schlucht, beim Restaurant Camping „Berbere“ finden wir einen grossartigen Rastplatz. Direkt am Fluss und im Schatten von Silber-Pappeln.

Wir essen die Regional-Spezialität; Gemüse-Fleisch-Ei-Tajine mit gelber Sauce. Schmeckt noch besser als das „Kalia“ in Merzouga. Ein kühler Wind bläst durch die Baumwipfel. Wir lümmeln herum und machen Siesta. So schön hier. Hätte ich jetzt noch Internet-Empfang, wär’s wohl das Paradies.

Im Nachmittags-Licht rollen wir wieder Tal auswärts. Die Felsen sind rot und manche affig geformt. Im Haupttal fahren noch ein wenig nach Westen. Irgendwo zwischen zwei Dörfern finden wir dann einen guten Übernachtungsplatz – mit Internet.

13. Oktober 2014

Marokko: Untergrundbewegung

Dicke Wolken ziehen über den Himmel. Wir wollen heute weiter ins Tal hinein fahren und dann üben einen 2‘800 Meter hohen Pass hinüber in das Dadès-Tal. Die Piste dahin soll einigermassen befahrbar sein, bloss etwa zwanzig Kilometer seien schlecht. Also wagen wir den Versuch.

Das Todrha-Tal ist grossartig. Roter Sandstein, schroff und wild.

Wir fahren bis kurz vor Aït Hani und biegen dann links auf eine Piste ab. Schon kurz darauf führt sie durch einen Bach. Enorm steil und steinig. Weiter holpern wir auf unserer Piste westwärts. Immer wieder queren wir trockene Bachläufe; die Piste jedesmal weggespült. Wir quälen uns über kniehohe Böschungskanten und durch Geröllfelder mit kindskopfgrossen Steinen.

Nach etwa 8 Kilometer kommen wir erneut an einen Bachlauf. Wieder über die Uferböschung hinunter ins Bachbett und drüben sehr steil hinauf. Doch soweit kommen wir gar nicht. Mitten im Bachbett bleiben wir stecken. Alle vier Räder brechen ein. Der Untergrund sieht zwar fest aus, ist aber völlig weich.

Wir klauben alle Steine unter dem Auto weg und heben dann alle Räder einzeln an. Der erste Anfahrversuch scheitert kläglich; wieder brechen wir ein und sitzen auf. Also legen wir Steine unter die Räder und wiederholen den Vorgang – mehrfach! Legen mehr Steine unter, dann noch unser Teppich – nichts hilft. Der Untergrund ist einfach zu weich.
Nach mehr als einer Stunde Grabarbeiten und einigen weiteren misslungen Versuchen ändern wir die Methode. Ich schleppe Steinplatten heran. Mit denen wollen wir eine richtige Fahrbahn pflastern. Grad als wir damit fertigt sind, höre ich ein Motorengeräusch. Tatsächlich! Ein Toyota Landcruiser kommt um die Ecke.

Er will uns herausschleppen. Doch auch er bleibt beinahe im Flussbett stecken. Nur mit viel Glück und Können kommt er wieder raus.
Ich befestige das Abschleppseil und mit vereinten 300 PS gelingt es uns den Möbelwagen rückwärts aus dem Bachbett zu fahren/zerren. Wie sind wieder mobil. Ein kurzes Dankeschön und der Toyota fährt ins Bachbett. Mit letzter Anstrengung kommt er grad so durch.
Der Toyotafahrer sagte, dass die Piste wegen den vergangenen Regengüssen vermutlich weiterhin in schlechtem Zustand sei. Es bleibt uns nichts anderes übrig als umzudrehen. Auf dem Rückweg treffen wir sogar unsere abhanden gekommenen Stossstangenecke wieder.

In der Todrha-Schlucht sind heute noch mehr Touris als gestern. Wir fahren nach Tinghir. Hier hat es graue Regenwolken und einen netten Markt. Etwas schmuddelig und unordentlich, genauso wie ich es mag. Wir kaufen dies und das ein und essen ein Merguez-Sandwich mit üppiger Vegi-Garnitur.