25. Mai 2015

Burgund: Flussfahrt ganz ohne Schiff

Beaune. Es ist schon einige Jahre her, seit wir das letzte Mal hier waren. Ich kann mich aber bloss noch an einen Antikmarkt erinnern. Frau G. hingegen kennt noch jede Strassenecke. Wie dem auch sei, wir holpern mit dem Velo übers Kopfsteinpflaster und schauen uns das historische Stadtzentrum an. Prächtige Fassaden zeugen einstigen vom Wohlstand der Weinhändler.

Leider spielt heute das Wetter nicht recht mit, es ist wolkig und ganz schlechtes Fotolicht. Wir setzen uns in ein Strassencafé und schauen den Leuten zu. Schon jetzt am frühen Morgen sind mehrere Touristengruppen unterwegs, meistens Holländer.

Der Parc de la Bouzaise liegt ausserhalb der Stadtmauer. Ich habe gelesen, man könne da Kanu mieten. Es zeigt sich dann aber, dass es kleine grüne Ruderboote sind und der Vermieter abwesend ist. Also flanieren wir durch den Park und schauen Wasservögel und Fische an. Ganz nett hier.

Heute fahren wir ein wenig heimwärts. Weizenfelder und Weideflächen. Dann kommt doch noch die Sonne und dann Saint-Jean-de-Losne. Ein malerisches Städtchen an der Saône, nicht gross, aber ausreichend hübsch. Hier bleiben wir.

Auf der anderen Seite der Saône kuscheln wir uns neben die Schiffe (N47.09939, E5.26593). Wir lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen und geniessen die Wärme.

Beim Nachtessen sage ich zu Frau G.: «öööhm - man müsste mal wieder abwaschen».
Sie; «ja, ich hab‘s auch grad gedacht».
«mhhhmm?»
Also benutzen wir bis auf weiteres wohl unser Einweg-Plastik-Besteck

24. Mai 2015

Burgund: warum nicht auch U-Boote bauen?

Früher war Chalon-sur-Saône weitherum bekannt für seine Schiffswerft. Die Giessereimeister Joseph-Eugène und Adolphe Schneider eröffneten hier im Jahre 1839 ihre Werft. Mitten in Frankreich, weit weg vom Meer! Schon zwei Jahre zuvor begannen sie im Nahen Le-Creusot mit der Eisenproduktion und dem Bau von Dampfmaschinen. Jetzt kombinierten sie die beiden Sachen und bauten Dampfschiffe aus Eisen.


Auf der Werft in Chalon-sur-Saône wurden einige hundert Schiffe gebaut, auch viele Kriegsschiffe und U-Boote. Die Werft wurde um 1940 geschlossen, man beschränkte sich fortan auf den Maschinenbau; bis 1984 ein Konkurs die Sache beendete. Auf dem riesigen Areal ist heute unter anderem die Universität.

Von der einst weltberühmten Schiffswerft konnte ich kaum noch etwas finden. Einzig einige Helling am Flussufer erinnern noch an die ruhmreiche Werft-Geschichte.

22. Mai 2015

Burgund: genoppte und andere Türme

 Saint-Julien-sur-Dheune. Der Regen ist vorbei, die Morgensonne glitzert durchs nasse Gebüsch. Ein letztes Mal frühstücken wir auf der „la-vie“. Es ist frühlingsmild und die Vöglein zwitschern emsig. Kitschig schön. Dann kommt der Schleusenwärter und Peti und Lucia müssen los. Wir helfen noch gschwind beim Ablegen und winken ihnen lange hinterher. Unsere schöne Zeit als Boots-Schmarotzer ist vorbei.

Auch wir verlassen Saint-Julien-sur-Dheune und fahren ins nahegelegene Le Creusot. Neben dem alten Bahnhof „Creusot ville“ bietet die Schnellesserei McDonalds Kaffee und freies Internet an.

Auf kleinen Nebenstrassen kurven wir genüsslich durch die burgundischen Hügel. Viel Landschaft, gelegentlich von Kühen bevölkert, meistens aber nur Blumenwiesen oder Getreidefelder. Schneeweisse Wolken trampeln auf dem blauen Himmel herum. Dann entdeckt Frau G. in der Ferne die Menhirs d'Epoigny (N46.87622, E4.53427). Die Steine wurden vor etwa vor 5‘000 Jahren aufgestellt. Von wem und warum weiss keiner.

In einem kleinen Städtchen machen wir Mittagsrast. Beim Übersichts-Spaziergang treffen wir auf einen hübschen mittelalterlichen Dorfplatz mit einer stämmigen Kirche mit genopptem Kirchturm. Auf der Rechnung des Strassencafés lese ich später, diese Ortschaft heisse Nolay (N46.95185, E4.63284).

Etwas später sehe ich aus einem Wald ein Märchenschloss hervorlugen. Also nix wie hin und angucken, Frau G. liebt ja solche Schlösser. Das Château de la Rochepot (N46.95939, E4.68131) stammt ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert, wurde aber nach der französischen Revolution zerstört und diente dann als Steinbruch. Bis es vor gut hundert Jahren wieder nach dem damaligen Zeitgeschmack aufgebaut wurde. Heute sieht es schöner aus, als es je war.

Heute übernachten wir in Beaune. Ganz nahe an der Altstadt finden wir einen grossartigen Schlafplatz. Ein grosser leerer Platz direkt an einem Bächlein, unweit vom Parc de la Bouzaise. Die Grillen zirpen und das Wasser plätschert vor sich hin. Einen besseren Platz kann man sich kaum vorstellen.

Später am Abend kommt noch eine ungarische Familie mit einer Transe und übernachtet am anderen Ende des Platzes.

21. Mai 2015

Burgund: der Kanal, das Velo und der Regen

Chagny. Über Nacht ist es kalt und gräulich geworden. Die Wolken hängen tief über dem Hafen von Chagny und es riecht nach Regen. Heute wollen wir zeitig los, da heute ein langsames Hotelschiff bergauf fahren wird; und wir wollen unbedingt vor ihm sein.

Das nächste Teilstück des „Canal du Centre“ windet sich ohne Schleusen den Hügeln entlang. Im Tal unten sehen wir kleine Dörfer, manchmal lugt auch nur der Kirchturm ber die Baumkronen. An den Hügeln gegenüber wächst der bekannte Burgunderwein. Also eigentlich bloss die Trauben, aus denen sie dann den Wein herausquetschen.

Später drückt die Sonne durch die Wolken. Aber es bläst ein eisiger Wind, so dass wir lieber im Salon sitzen und die Gegend durch die Fenster anschauen. Das Schiff hat nämlich zwei Steuerräder, eines oben auf der Dachterrasse und eines drinnen im Wohnzimmer. Finde ich überaus praktisch, sowas hätte ich auch gern.

Am Mittag legen wir in Saint-Léger-sur-Dheune an. Eigentlich wollen wir ins Gasthaus, doch das schaut so eigenartig ungemütlich aus, dass wir lieber auf dem Schiff essen. Als am Nachmittag der Nieselregen vorbei ist, satteln Frau G. und ich unsere Velos und radeln nach Chagny zurück. Nach dem neulich bemägelt wurde, wir seien zu faul, müssen wir halt nun bei Regengefahr radeln. Der Weg führt auf der ganzen Strecke dem Kanal entlang. Das heisst, er ist völlig eben, bloss bei den Schleusen geht es jeweils einige Meter bergab.

Kurz vor dem Ziel beginnt es wieder zu tröpfeln, aber nicht schlimm. Jedenfalls erreichen wir trocken unseren Wohnauto. Wir fahren einkaufen und dann nach Écuisses zum Kanal-Museum (N46.76766, E4.52822). Inzwischen stürmt und regnet es. Statt zu museumsen, sitzen wir im Möbelwagen und warten auf die Sonne. Der Regen prasselt aufs Dach, wir dösen und lesen.

Schlussendlich fahren wir in den Hafen von Saint-Julien-sur-Dheune, wo auch Lucia und Peti übernachten. Wir auch (N46.77443, E4.54399), direkt daneben.

20. Mai 2015

Burgund: der Kloaken-Taucher im Canal du Centre

Die anderen Wohnbootler schlafen noch, als wir den Hafen von Chalon-sur-Saône verlassen. Unseren Bus lassen wir bis am Abend hier stehen. Ursprünglich wollten wir am Abend mit dem Velo zurückfahren, doch es werden Gewitter vorausgesagt, weshalb wir wohl noch einmal bahnfahren werden.

Am Stadtrand von Chalon-sur-Saône zweigt der „Canal du Centre“ ab. Eine monstermässige Schleuse (N46.80662, E4.86441) hebt uns vom Fluss hinauf in den Kanal; 10.70 Meter Höhenunterschied. In der Schleuse ist es feucht und düster. Dann rauscht das Wasser hinein und drückt uns hinauf ans Licht; wie eine Geburt.

Der „Canal du Centre“ schlängelt sich äusserst malerisch durch die Hügellandschaft. Grosse alte Bäume und blühende Iris säumen das Ufer. Wir schleichen gemütlich der Wasserstrasse entlang. Aufs Mal macht die Schraube schauerliche Geräusche und dann würgt sie den Motor ab. Peti meint, der Propeller habe Unrat gefressen. Es hilft alles nichts, er muss tauchen. Also zwängt er sich in seinen hechtartigen Neoprenanzug und steigt in die brauntrüben Fluten. Einige Luftblasen gurgeln an die Oberfläche. Später auch wieder der Peti mit einem armdicken Tau, das er aus der Schraube befreit hat.

Die Landschaft wird offener und die Schleusen zahlreicher. Frau G. fährt mit dem Velo auf dem Treidelweg voraus und bedient die Schleusen. Das spart uns die Kletterei auf den glitschigen Leitern und erleichtert das Vorwärtskommen enorm. Wir sind ja eh schon langsam unterwegs, selbst betagte Wanderer überholen uns.

Am Nachmittag kommen erst Wolken und dann Chagny. Wie schon gestern fahren wir mit der Bahn zurück zu unserem Startpunkt. Heute dauert die Fahrt aber bloss eine Viertelstunde, dafür der Fussmarsch vom Bahnhof Chalon-sur-Saône zum Möbelwagen umso länger. Fast eine Stunde schlurfen wir durch die diesige Stadthitze.

Wir übernachten im Hafen von Chagny (N46.90353, E4.75269). Spät am Abend reisst die Wolkendecke für einen Augenblick auf und die Sonne leuchtet goldig - und wunderschön.