10. März 2017

Marokko: königlicher Flieger und eine alter Bunker

El-Jadida. Na also; das Wetter ist besser. Aus den blauen Wolkenlöchern schaut ab und zu etwas Sonne. Aber die Wettervorhersage ist weiterhin gräulich. Wir - also die beiden anderen Wüstenschiffe - beschliessen, heute bis nach Moulay Bousselham zu fahren.
Ich will mir aber unterwegs noch zwei, drei Sachen anschauen gehen. Dazu muss ich wahrscheinlich auch über Zäune klettern. Das geht eh besser alleine; denn dazu braucht es die Schlauheit eines Fuchses. Und wenn man erwischt wird, die Eigenschaften einer Schnecke: Kein Rückgrat und kräftig schleimen.

Kurz vor Casablanca verlasse ich die Autobahn und fahre zum ehemaligen Flughafen Casablanca-Anfa. Mittlerweile wurde der Flughafen vollständig abgerissen und das Gelände ist jetzt eine riesige Blumenwiese. Doch ganz am Rande sind einige alte Hangars übriggeblieben. Und da steht das vielleicht schönste Verkehrsflugzeug, das je gebaut wurde. Eine Lockheed L-749 Constellation aus den frühen 1950-er Jahren.

Mit genau dieser Lockheed Constellation sei 1955 der König Mohammed V. aus dem Exil nach Marokko zurückgekehrt, erzählt der Wächter. Doch das stimmt nicht - ich habe nachgeschaut - er kam mit einer DC-6.
Daneben gammeln auch noch zwei Boeing 727, eine Boeing 737 und eine weitere Rarität herum. Alle mit einer spannenden Vergangenheit. Und sie alle können nicht mehr weg, weil die Rollbahnen längst abgerissen wurden.
Über diese anderen Flugzeuge schreibe ich vielleicht später einmal etwas.

Ich fahre weiter nach Mohammedia und da gleich an den Strand von Cherqui. Auch dies ist ein geschichtsträchtiger Ort. Hier befand sich im 2. Weltkrieg die „Batterie de Pont-Blondin“, eine Festung mit vier grossen Küsten-Geschützen.

Während der „Operation Torch“ landeten 1942 die amerikanischen Truppen an der marokkanischen Atlantikküste und an der algerischen Mittelmeerküste und besetzten Nordafrika. Damit legten sie den Grundstein zur Befreiung Europas.
Die Batterie de Pont-Blondin war eine der wenigen französischen Festungen in Marokko – und die Besatzung ergab sich mehr oder weniger kampflos.

Die Sonne scheint, die Wiesen blühen und ich brumme nordwärts. Auf der nagelneuen Autobahn fahre ich um Rabat herum und über die neue Schrägseil-Brücke über den Bouregreg. Diese haben wir vor drei Jahren besucht. Damals war hier noch eine riesige Baustelle. Jetzt ist bereits alles fertig und längst in Betrieb.

Als ich gegen Abend Moulay Bousselham erreiche sind Ü und Frank gerade dabei zwei Doraden zu braten. Dazu gibt es lauwarmen Kartoffelsalat und einen orangefarbenen Sonnenuntergang. Herrlich schön hier.

9. März 2017

Marokko: bunte Kirche und mein Eisenhuhn

Marrakech. Im Morgengrauen kräht der Camping-Hahn neben meinem Möbelwagen. Das Wetter ist – auch bei wohlwollender Betrachtung – Mistwetter. Graue Wolken und Nieselregen. Aber wenigstens ist es jetzt deutlich wärmer. Gut dass ich mir gestern eine Wollmütze gekauft habe!


Mitten durch die ausufernden Vorstädte verlassen wir Marrakesch gegen Norden. Jetzt wo das Wetter so mies ist, will ich unterwegs noch etwas Kultur reinziehen. Der Umweg ist nicht weit und meinen beiden Reisekumpels wird es auch nicht schaden. Wir fahren nach Youssoufia.
Hier hat der spanische Strassenkünstler Okuda San Miguel im vergangenen Jahr eine alte Kirche bemalt (n32.2440, w8.5279). Nun zieren allerlei Tiere in grellbunten Farben die Fassade. Statt keinen Kirchenbesuchern kommen jetzt keine Touristen hierher.
Wir setzen uns in ein Café und bestellen einen Kaffee und zwei Tee. Die Serviererin versteht weder Französisch noch Arabisch. Sie bringt meinen Kaffee und sonst nichts. Ü. fragt nach; dann bringt sie zwei Tee mit jeweils zwei Teegläsern. Und Würfelzucker im Format eines Zigaretten-Päckli. Na gut.

Die Landschaft ist weiterhin topfeben und grasgrün, bloss der Himmel bleibt grau. Dann erreichen wir El-Jadida. Hier schauen wir uns die alte portugiesische Festung an. Doch das trübe Wetter dämpft etwas unsere Begeisterung. Wir schlendern durch die Gassen und ich kaufe mir ein Schoggi-Riegel und einen eiserne Huhn aus einer alten Teekanne.
Wir übernachten auf dem hiesigen Camping International. Er ist voller französischer Rentner und wieder schleichen hier Pfauen umher. Seltsam?

8. März 2017

Marokko: Marrakesch gibt alles

Marrakech. Gegen Mittag fahren wir mit dem Taxi in die Stadt; zum Jamaa el Fna. Hier brodelt bereits das Alltagsleben. Schlangenbeschwörer, Gaukler und viele Tausend Händler sind da und versuchen einen Brösmeli vom Tourismus abzubekommen.
Wie jedes Mal trinken wir als erstes einen eisgekühlten Orangensaft. Einfach gut – und sehr preiswert.

Der Souk, der gedeckte Markt, ist riesig gross. Und hier wird alles Erdenkliche feilgehalten; vom lebenden Huhn, über geschmiedete Gartenmöbel bis zum noblen Parfüm. Ich erwerbe eine Wollmütze, weil mir meine alte entlaufen ist.

In der Rue Bab Debbargh schauen wir uns eine der zahlreichen Leder-Gerbereien an. Was sich so romantischer anhört, erweist sich als einen Hof voller stinkender Gruben und haufenweise glitschiger Tierhäute. Ich weiss gar nicht, warum ich mir das jedesmal anschaue?

Ü. lässt sich bei einem Drechsler einen Hurlibueb - einen Kreisel – aus Zedernholz anfertigen. Der verwendet eine sehr simple Drehbank und hält den Beitel mit den Zehen. Genauso wie es damals auch schon die Römer gemacht haben.
Ganz in der Nähe sind die Wollfärbereien. Doch diesmal haben wir Pech und es hängt nur wenig Wolle zum Trocknen draussen.
Nach vielen Stunden Marktgassen-Plauderei sind wir geschafft und schlapp. Wir setzen uns deshalb auf eine Dachterrasse und schauen von oben dem Treiben zu.

Später stürzen wir uns noch einmal ins Getümmel und essen in einem der mobilen Restaurants auf dem Jamma el Fna z’Nacht. Ich heute vegetarisch. Frittierte Auberginen, Kartoffeln und Paprika. Und Beignets, was ich nicht weiss, was es ist. Es erweist sich dann als ein brauner, fettiger Teigklops.
Meine Mitesser bestellen fünferlei Spiesschen und marokkanischen Salat. Insgesamt ist das die bessere Wahl. Aber dafür futtere ich ihren süssen Nachtisch weg.

7. März 2017

Marokko: über die Schneeberge

Ait Benhaddou. Heute ist - ich kann es nicht anders sagen - Seichwetter. Die Wolken hängen tief und es ist keine 5° warm. Und die Passstrasse des Tizi-n-Tichka sei geschlossen, sagt der Wirt. Wegen den Schneefällen oder Erdrutschen, odr so.
Eigentlich wollten wir heute zuerst nach Telouét und dann über den Hohen Atlas nach Marrakesch fahren. Jetzt tun wir erst einmal gar nichts und warten bis die Strasse wieder frei gegeben wird.

Dann ist es soweit, alles wieder frei. Es regnet mal mehr, mal heftiger. Überall Pfützen und roter Schlamm, es sieht aus wie nach einem Massaker. Doch wir kommen gut voran und am Mittag sind wir oben auf dem Pass.

Auf der Passhöhe, auf 2’260 Meter Höhe oben, lässt der Regen nach - und wird zu Schneegestöber. Aber wenigstens geht es jetzt wieder bergab. Nach und nach bessert sich das Wetter und aufs Mal scheint die Sonne. Die Obstbäume blühen und paarungswillige Bienen sausen umher.

Unterwegs machen wir Teepause. Zum Pfefferminztee gibt es ofenwarmes Brot, Arganöl und Amlou. Amlou ist eine Paste aus Arganöl und Nüssen oder Mandeln, und schmeckt ausgesprochen gut.

Am Nachmittag erreichen wir Marrakesch und es beginnt wieder zu regnen. Wenigstens können wir den Feierabendstau umfahren. Wir hausen auf den Campingplatz "Le Relais de Marrakech" (n31.7069, w7.9899) nördlich der Stadt.

Auf dem Campingplatz schleichen zwei Pfauen (oder heisst das Pfaus, oder Pfäue?) umher. Sie tun zwar ganz unscheinbar, aber ich hab sie gleich durchschaut; die beobachten uns. Und als ich sie fotografieren will, rennen sie weg. Ich mit gazellenhaften Sprüngen über die Rabatten und hinterher – doch die sind einfach zu schnell. „Dummseggel“ ruft der Frank hinterher.

6. März 2017

Marokko: noch mehr Film-Kulissen

Ouarzazate. Etwas südlich der CLA-Filmstudios will ich mir unbedingt noch eine andere Filmkulisse anschauen. Über die weiss ich ausser dem Standort gar nichts. Also mal schauen, was es das zu entdecken gibt?

Wie eine mittelalterliche Stadt thront sie auf einem Kieshügel. Während meine beiden Kumpel ein Mittagsschläfchen halten fahre ich alleine hin. Der Wächter erzählt, dass die Kulisse zwanzig Jahre alt sei und man sie auch für den „Bibel“-Film gebaut habe.

Arkaden, Plätze und Paläste. Manche sind schon ein wenig schief und die Kuppel vom Hamam ist bereits eingestürzt. Ich schlendere durch die vielen verschiedenen Räume und die „Altstadt“ hinter dem „Palast“. Dann beginnt es zu regnen und ich fahre zu meinen beiden Verdauungsgenossen zurück.

Es regnet und wir reifeln nach Ait Benhaddou. Auch hier wurden schon zweidutzend Filme gedreht. Wir latschen neben der neuen Brücke über den Fluss und steigen bis zum Gipfel-Turm hinauf. Von hier hat man einen grandiosen Rundblick und kann zudem zuschauen wie drüben die Busse chinesischen Touristen ferkeln.

Wegen dem mehr als beschissenen Wetter wohnen wir schon wieder auf dem Campingplatz; „Kasbah du Jardin“ (n31.0478, w7.1357). Und dies nur deshalb, weil es hier einen nicht-schlammigen Bodenbelag gibt.